Die Umgebung

Die Projektumgebung

Maya Paya Kimsa ist eine Initiative für Straßenkinder in der bolivianischen Stadt El Alto. Am Rande des Geschäfts- und Regierungszentrums La Paz auf 4100 m Seehöhe gelegen, beherbergt sie mittlerweile laut offiziellen Zahlen über 700.000 Einwohner, die Dunkelziffer dürfte noch um einiges höher liegen. Nahezu im Gesamten handelt es sich um Menschen, die das harte und entbehrungsreiche Leben auf dem Land zurückließen, in der Hoffnung, in der städtischen Umgebung Arbeit und ein Leben mit weniger Leiden beginnen zu können. In den meisten Fällen ging der Plan jedoch nicht auf und es bildete sich eine Sattelitenstadt auf der Hochebene, dort wo La Paz aufhört. El Alto gehörte über Jahrzehnte hinweg zu den am schnellsten wachsenden Städten der Welt. Das bei dem Tempo jedoch der Prozess ohne Stadtplanung vor sich ging und die Infrastruktur nicht mit wuchs, ist nahe liegend.
Heute ist El Alto die ärmste Stadt im ärmsten Land von Südamerika. Das Stadtzentrum, La Ceja (= Die Augenbraue) genannt, ist ein Sammelbecken für soziale und politische Konflikte. Bars und Diskotheken reihen sich aneinander, der Betrieb geht 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Auf der Straße wird purer Alkohol zu billigsten Preisen verkauft, ums Alter der Kunden kümmert sich keiner solange bezahlt wird, ein 10-jähriger kann zu jeder Tages- und Nachtzeit in Bars eintreten und dort Alkohol kaufen. Die sehr evidente und beinahe kollektive Perspektivenlosigkeit wird durch einen überdimensionalen Alkoholkonsum kompensiert. Betrunkene, die am Vormittag am Gehsteig liegen, gehören zum Stadtbild.

Die Zielgruppe

Maya Paya Kimsa hat seinen Wirkungsbereich auf Kinder und Jugendliche festgelegt, die entweder komplett auf der Straße leben, oder in hohem Risiko stehen, die diese Problematik abzurutschen.

Straßenkinder und –jugendliche:   

Darunter versteht man Buben und Mädchen, die jeden Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen haben und ihr gesamtes Leben auf der Straße organisieren. Sie betteln, stehlen, essen aus dem Mistkübel, halten sich auch mal mit Gelegenheitsjobs über Wasser, inhalieren Lösungsmittel, besorgen sich Kleidung, suchen Schlafplätze in Parks, Hauseingängen, Stiegenaufgängen, Bars, oder ziehen die ganze Nacht durch die eisig kalte Stadt, oft weit unter dem Gefrierpunkt, um dann bei Tagesanbruch in der Vormittagssonne zu schlafen. Das ganze ist fast nicht ohne Konsum von Alkohol oder Lösungsmittel auszuhalten. Kinder in einem Alter von 9 Jahren sind bereits voll auf sich allein gestellt und dem harten Leben auf der Straße ausgesetzt.

Kinder in hohem Risiko:   

Im Umfeld von Straßenkindern bewegen sich jene, die zwar Familienkontakt halten, aber den ganzen Tag bzw. meist eher die ganze Nacht auf der Straße verbringen. Von ihren Eltern nicht nur vernachlässigt, sondern in vielen Fällen sogar geschickt, ziehen sie Nacht für Nacht durch die Straßen und Bars um Zigaretten und Kaugummis zu verkaufen. Durch ihren Kontakt mit der Szene beginnen Mädchen mit 10 Jahren zum Alkohol trinken und Lösungsmittel inhalieren. Der Grat auf dem sie wandern ist ein schmaler, der Schritt in eine Straßenkarriere oder in die Kinderprostitution ein kleiner.

Die Grundsätze

Im Umgang mit den Kindern sind vor allem die Werte wie ernst nehmen, nicht verurteilen und Respekt vor der persönlichen Entscheidung Fundament für die Arbeit von Maya Paya Kimsa. Die Kinder werden nicht für ihre Lebensweise verurteilt, sondern es wird ihnen vielmehr die Tragweite bewusst gemacht und der Mut geregt, was anderes zu suchen. Kein Assistenzialismus, sondern hin zu echten Lösungen. Weg vom Bettler hin zu Gestalter der eigenen Zukunft.

Auf institutioneller Ebene geht es um Professionalität, Unabhängigkeit und Vernetzung. Wir sind die erste und einzige Einrichtung in La Paz und El Alto, die sich rein um Straßenarbeit kümmert und stellen den Anspruch auf höchstmögliche Professionalität. Das bedeutet Planung der Aktivitäten, Dokumentation und Auswertung. Als Schlüsselpunkt hat sich unsere Unabhängigkeit zu allen bestehenden Einrichtungen herausgestellt. Wir arbeiten nicht für ein Heim, sondern für die Kinder. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns isolieren. Im Gegenteil, durch die Projektauslegung ist es fundamental, guten Kontakt zu allen existierenden Hilfsangeboten zu haben, um ein möglichst breites Spektrum parat zu haben.

Außerdem arbeiten wir in Netzen und Arbeitskommissionen zu spezifischen Themen, um eine strukturelle Verbesserung – gemeinsam mit anderen Einrichtungen zu erreichen, etwa in Themen wie Kinderrechte, Kinderarbeit und sexuelle Ausbeutung.

Die Vorgehensweise

In fixen und regelmäßigen Straßentreffen werden mit den Kindern auf einem öffentlichen Platz in El Alto Aktivitäten durchgeführt. Diese bestehen aus einem rekreativen Teil (Kartenspiele, Puzzle, Zeichenmaterial, Fußball, etc.), einem thematischen Teil (kurzes besprechen aktueller Themen, wie etwa sozialpolitische Konflikte, Krankheiten, Heime, Drogenkonsum, Hygiene, etc.) und einem gemeinschaftsfördernden Teil (gemeinsame Jause bestehend aus Tee oder Saft und einem Butter- oder Marmeladebrot).

Neben oben erwähnten Aktivitäten werden je nach Bedarf so genannte „Buceos“ (=Tauchgänge) durchgeführt. Diese Rundgänge durch das Zentrum von El Alto und strategische Punkte, die uns als Treffpunkte für Straßenkinder bekannt sind, dienen dazu, um Kontakte zu neuen Kindern auf der Straße zu bekommen und immer wieder den Ort und den Zeitpunkt der Aktivitäten in Erinnerung zu rufen. Ständiger Begleiter ist ein Erste-Hilfe-Koffer, um spontan Wunden Erstversorgen zu können.

Maya Paya Kimsa sieht seine Funktion weit weg von dem oft sehr üblichen Asistenzialismus und der „Rund-um-Versorgung der Kinder auf der Straße. Das Hauptangebot von Maya Paya Kimsa liegt in der Beziehung und der Zeit des/der Betreuers/in. Es gibt keine Schlafmöglichkeit, keine Kleider, kein Essen – Faktoren, die den Kindern das Leben auf der Straße erleichtern und so die Motivation für eine Kursänderung sinken lassen würden. Vielmehr soll über eine intensive Einzelbetreuung eine nachhaltige Verbesserung der Lebensumstände erreicht werden.

Die Arbeitsbereiche

Über Gruppen- und Einzelaktivitäten soll bei den Kindern ein Denkprozess angeregt werden. Die Kinder sollen sich ihrer eigenen Situation klar werden und ohne Druck von außen eine Entscheidung für eine Verbesserung der Situation treffen. Maya Paya Kimsa begleitet diesen Prozess und legt gleichzeitig Alternativen dar und hilft, ein Zukunftsprojekt aufzustellen. Mit einer Psycho-Sozialen Auswertung soll nach den individuellen Eigenschaften und Gewohnheiten des Kindes die beste Lösung gefunden werden und der Bub oder das Mädchen soweit möglich auf die neue Situation und das neue Umfeld vorbereitet werden.
Außerdem soll Maya Paya Kimsa in seinen Aktivitäten auf der Straße den Kinder einen gewissen Schutzraum bieten, wo sie respektiert werden, keine Angst vor physischer und psychischer Gewalt haben müssen und vor allem wo sie denken, handeln und sein können, was sie eigentlich sind: Kinder. Denn im täglichen Leben werden sie vor allem als kleine Erwachsene gesehen, die einen Störfaktor ihrer Gesellschaft darstellen. Maya Paya Kimsa möchte den Straßenkindern von El Alto einen kleinen Teil von ihrer Kindheit zurückgeben, jener Kindheit, die ihnen durch die Lebensumstände gestohlen wurde.

Das Tageszentrum

Mit Oktober 2004 wurde das Angebot von Maya Paya Kimsa, das bislang ausschließlich Straßenarbeit und Aktivitäten im öffentlichen Raum umfasste, um einen wichtigen Faktor erweitert. Mit dem sehr zentral gelegen Haus steht den Straßenkindern und –jugendlichen eine Räumlichkeit zur Verfügung, welche eine entscheidende Ergänzung in vielschichtiger Hinsicht darstellt. Vom Betrieb her kann es in etwa als eine Art Jugendtreff für Straßenkinder verstanden werden. Es wird weiter an der Grundlinie festgehalten, langfristige Lösungen den momentanen voranzustellen.
Zu fixen Öffnungszeiten stehen den Kindern verschiedenste Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten zur Verfügung. Der Zugang ist freiwillig und offen, nur an die Einhaltung der Hausregeln gebunden, innerhalb der Öffnungszeiten kann Beschäftigung, Anwesenheit etc. selbst bestimmt werden.
Unter anderem werden folgende Aspekte damit abgedeckt:

Anlaufstelle

Abgesehen von den fixen Straßentreffen gibt es mit dem Tageszentrum einen Raum, welcher für die Zielgruppe als Referenz verschiedener Art zur Verfügung steht. Durch die allseits bekannten Öffnungszeiten wird es für die Kinder und Jugendlichen leichter von ihrer Seite aus die BetreuerInnen zu kontaktieren um Hilfe und Unterstützung zu bekommen.

Rekreative  Beschäftigungsmöglichkeit

Als Angebot stehen den Kindern und Jugendlichen verschiedenste Spiele zur Verfügung, wie etwa Schach, Memory, Puzzle, Mensch ärgere dich nicht, Tischfußball, Tischtennis, Karten, im Hof kann Fußball, Volleyball, Basketball, etc. gespielt werden. Man kann Musik hören, sich unterhalten, singen, tanzen, lachen, spielen, und vieles mehr.

Themenarbeit in Form von Modulen

Neben der freien Beschäftigung oben angeführter Möglichkeiten wird pro Öffnungstag eine halbe Stunde etwa verwendet, um Themenspezifische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen durchzuführen. Monatsthemen werden in Einzelaktivitäten aufgesplittert und der Zielgruppe auf dynamische und realitätsnahe Weise näher gebracht. Behandelte Themen sind etwa Hygiene, Ernährung, Gesundheit, Drogen und Suchtverhalten, Zukunftsperspektiven, Sexualität, Selbstachtung, Selbstbewusstsein, und vieles mehr.

Heimvorbereitung

Maya Paya Kimsa ist die Brücke zwischen Straße und Heim. Wir begleiten die Kinder auf dem Weg, die Entscheidung zu treffen, eine Zukunftsperspektive zu entwickeln und eine Alternative zu finden. Ein ganz wichtiger Teil dieses Prozesses ist die Vorbereitung auf den Moment des Integrierens in eine Wohneinrichtung. Das bedarf einer gewissen Vorbereitung, welche durch die physische Umgebung des Hauses entscheidend geprägt wird. Abgesehen von den oben genannten Themen der Module, kann in Einzelarbeit mit den Kindern eine konkretere Idee generiert werden, was es bedeutet, ein Dach über dem Kopf zu haben.
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